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Interview

Alpinger Buchmesse 6.-8. August 2021

Autoreninterview:

Guten Morgen, magst du dich deinen Lesern kurz vorstellen?

Guten Morgen! Ich veröffentliche unter dem Pseudonym Resi Lienz, um die Identität meiner Tochter und meiner Familie zu schützen.

Wer oder was hat dich zum Schreiben gebracht? oder wie bist du zur schreibenden Tätigkeit gekommen?

Seit meinem 10. Lebensjahr, das liegt nun mehr als 4 Jahrzehnte zurück, schreibe ich.«Wer schreibt, der bleibt», lautete schon das Motto meiner Mutter, die eine ausgesprochene Leseratte war. Ich schrieb mehr oder minder durchgängig Tagebuch, besuchte Seminare mit schönen Titeln wie z.B: «Schreiben befreit», verfasste Gedichte, schrieb Reden für offizielle Anlässe, bewarb mich bei einer Journalistenschule, für die ich eine faszinierende Reportage über das «letzte Hemd» anfertigte, bekam einen Reporterjob bei einer Regionalzeitung und schrieb Reiseberichte. Eigentlich ist kaum eine Sache vorstellbar, die von mir nicht schreibend kommentiert würde.

Heute hat beinahe jeder Schriftsteller einen Brotjob. Was machst du beruflich, wenn du nicht schreibst?

So einiges. Nachdem ich in den 80iger Jahren Anglistik und Pädagogik auf Lehramt studierte, dann 30 Jahre im Marketing und Vertrieb arbeitete, Kinder und Jugendliche unterrichtete und coachte, studiere ich seit zwei Jahren Linguistik (Italianistik und deutsche Sprachwissenschaft), da mein Ziel ist, in die Sprachforschung zu gehen. Ich arbeite als Dolmetscher und Übersetzer und unterstützte technische Unternehmen im Online-Handel.

Glaubst du, dass du irgendwann mal von deinen Büchern leben kannst?

Nein, bei einem Buch pro Jahr im letzten Drittel meines Lebens:). Das ist aber auch nicht mein Ziel. But never say never:).

Es gibt unter Schriftstellern eine Krankheit. Immer Ideen im Kopf zu haben und kaum Zeit, um sie alle aufzuschreiben. Leidest du auch darunter oder bist du eher der planende Typ?

Das mit den Ideen kenne ich!:) Die besten Ideen habe ich beim Langstreckenlauf oder mitten in der Nacht, wenn ich eigentlich schlafen sollte. Ich schreibe sie auf, egal wann und wo. Es ist keine Frage der Zeit. Mir ist es schon passiert, dass im Auto so gar nichts vorhanden war, das an Schreibwerkzeug erinnert hätte, da habe ich meine Idee mit meinem Lippenstift aufs Inspektionsheft des Autos geschrieben. Ich bin aber auch ein ausgesprochener Planungsfetischist. In meiner Brust schwelen zwei Seelen, mein Aszendent, der im Alter immer mehr aus sich herauskommt und mein Sternzeichen, das das genaue Gegenteil meines Aszendenten ist.

Über welches Buch möchtest du heute plaudern?

Sagen wir mal über mein Erstlingswerk, das ich im Dezember 2020 veröffentlicht habe: Generation Smartphone in der Pubertät.

Worum geht es in deinem Buch?

Es geht um eine ganze Menge. Das Buch hat 524 Seiten. Es geht um die digitalen Risiken für Jugendliche, insbesondere für die Generation Z, im Internet, zu einem Zeitpunkt (Juli-November 2020), in dem die Öffentlichkeit diesbezüglich noch nicht so präsent war wie seit März 2021 [Inzwischen bin ich mit Fachleuten und Themen-Initiativen in den sozialen Medien weitreichend vernetzt. Wir arbeiten Hand in Hand]. Es ist ein authentischer Erfahrungsbericht einer knallharten dreijährigen Pubertät. Es ist ein Undercover-Bericht, da ich auch mit dem LKA in Berlin und der Kriminalpolizei kooperierte und ins DarkNet abtauchte. Es ist ein Erziehungsratgeber, er gibt Erziehungstipps, zeigt aber auch Erziehungsfehler auf, die Eltern nicht erst in der Pubertät machen, sondern dann, wenn die Sprösslinge noch ganz klein sind. Es geht um Erziehung 2.0. Es geht um das Versagen der Jugendhilfe und überforderte Eltern. Es geht um den Generationenbegriff und die Geschichte des Smartphones und noch vieles mehr. Das Inhaltsverzeichnis findet sich auch auf der Homepage. https://resilienz.site

Und für wen ist es, deiner Meinung nach geeignet?

Für alle. Für alle, die sich für Kinder und Jugendliche und/oder die digitalen Medien interessierten. Für Eltern, Großeltern, Schulen, Einrichtungen der Erziehungshilfe usw.

Wie kam dir die Idee zu diesem Buch?

Das Buch zwang sich mir auf. Nach 2,5 Jahren einer haarsträubenden Pubertät mit meiner Tochter, entwich mein Sprössling immer öfter von zuhause, um sich der digitalen Kontrolle durch ihre Mutter zu entziehen. Schlussendlich ließ sie sich vom Jugendamt in Obhut nehmen. Damit war die Geschichte aber nicht zu Ende. Im Gegenteil Sie setzte sich weiterhin großen Gefahren im Netz aus und das Jugendamt erklärte sich dafür nicht zuständig, da das Internet außerhalb ihres Metiers falle. Da verstehe einer mal die Definition des Begriffes „Jugendschutzes“. Als Mutter konnte ich natürlich nicht tatenlos zusehen: schaltete das LKA und die Kriminalpolizei ein, hackte meine Tochter und wehrte mich mit Händen und Füßen gegen die Inkompetenz und Betriebsblindheit der zuständigen Behörden. Als sich der Schriftverkehr immer weiter auf meinem Schreibtisch stapelte und meine Hilferufe ungehört an den Schutzmauern der Institutionen abprallten, kam mir spontan die Idee, das Ganze öffentlich zu machen, um Betroffene aufzuklären und zu warnen und Fehlentscheidungen und Inkompetenz im System der Jugendhilfe öffentlich anzuprangern. Ich wertete wissenschaftliche Studien aus und kooperierte mit dem Bildungsforscher Prof. Dr. Klaus Hurrelmann. Das zuständige Jugendamt hat übrigens mein Buch angefordert. Geändert hat sich in ihrem speziellen System noch nichts, aber meine Tochter ist wenigstens aus der größten digitalen Gefahrenzone heraus.

Gibt es auch eine Leseprobe?

Natürlich auf der Homepage z.B. https://resilienz.site

Wo kann man das und andere Bücher von dir kaufen?

Auf der Homepage oder via Bestellung an info@resilienz.site;

bei Amazon https://www.amazon.de/Generation-Smartphone-Pubert%C3%A4t-Internetrisiken-Mutter-Tochter-Beziehung/dp/3000678352/ref=sr_1_3?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=Generation+Smartphone+in+der+Pubert%C3%A4t&qid=1628072519&sr=8-3

Im Faltershop in Österreich https://shop.falter.at/suche/?q=Generation+smartphone+in+der+pubertät

Teilweise bei lokalen Buchhändlern.

Oder in dem man mich bei Facebook //resi.lienz.73 oder Instagram kontaktiert //lienz.resi

Was ist deine Inspiration oder was animiert dich zum Schreiben?

Die Frage der Frage. Da geht es mir wie vielen Autoren. Animation ist überhaupt nicht nötig. Ich könnte ohne Schreiben (Stift/Papier) nicht leben! Schreiben befreit. Schreiben ist Mediation. Schreiben erklärt einem selbst und anderen das Leben. Schreiben ist so vieles. Wenn ich mein Alltags-Soll erfüllt habe, darf ich schreiben, Belohnung! und im August habe ich vier Wochen „Schreiburlaub“. Ich schmunzel auch über den Begriff „Schreibblockade“, über den meine Kollegen manchmal im Netz diskutieren.

Schreibst du auch noch andere Genres? Welche und wieso gerade diese?

Aktuell noch nicht. Aber alles vorstellbar.

Was denkst du: Wie lesen sich deine Bücher? Einfach und schnell oder eher intensiv und umschreibend?

Mein Buch. Das zweite erscheint erst Ende des Jahres. Konsum oder Genuss? Eine Leserrückmeldung kann ich geben, trotz der offensichtlich vielen Seiten lässt es sich sehr gut abschnitts-, sprich kapitelweise lesen und Leser haben mir auch geschrieben, dass sie eigentlich gar keine Zeit hatten, aber das Buch bis zur letzten Seite nicht aus der Hand legen konnten. Es hängt auch immer vom jeweiligen Leser ab. Das Buch geht jedenfalls nahe, und ich kann mir schon vorstellen, je nachdem wie hoch der eigene Betroffenheitsgrad ist, dass man das ein oder andere Seitchen auch schon mal zwischendurch erst verdauen muss, bevor man weiterliest. Eine Leserin hat mir rückgemeldet, dass mein Buch sie technisch (inhaltlich) überfordert habe. Aber auch das ist wichtig, dass man sich mit der heutigen Technik des Internets befasst, es reicht bei weitem nicht aus, die Internetnutzungszeiten der „Kleinen“ zu reglementieren, wenn man helfen und pädagogisch klug begleiten will, ist man verpflichtet, in die Materie so richtig tief einzusteigen.

Hast du schon ein nächstes Projekt? Arbeitest du vllt schon an Einem?

Na klar. Band 2. Soll Ende des Jahres erscheinen. Gottseidank war ich das erste Halbjahr dieses Jahres kontinuierlich fleißig, sodass mir das auch gelingen wird. Es wird super spannend. Ursachenforschung. Es geht vor allem auch um das Phänomen der existentiellen Indifferenz, das sich unter unseren Jugendlichen aus ganz verschiedenen Gründen immer weiter verbreitet. Zu diesem Zweck habe ich eine neue wissenschaftliche Studie aus Österreich ausgewertet. Aber auch um viele andere wichtige Themen.

Warum veröffentlichst du als Selbstverleger? Sei bitte ehrlich!

Ich bin immer ehrlich und authentisch. Ich glaube, das ist neben Humor, meinem Schreibstil, meiner Neugier und meiner Hartnäckigkeit eines der herausstechendsten Merkmale als Autor und vor allem auch als Mensch. Ich sage lieber die ganze Wahrheit und handele mir dabei Unmut ein, als dass ich irgendetwas unter den Tisch kehren würde.

Bei Band I hatte das diverse Gründe. Zunächst einmal ist man bei der Veröffentlichung des ersten Bandes „blutiger Anfänger“. Man kann schon froh sein, wenn man durch den Dschungel all der Informationen und Dinge, die mit einer Buchveröffentlichung zusammenhängen, überhaupt durchblickt.

Heute, nach einem Jahr ist das natürlich ganz anders. Ich bin in der Buch- und Autorenszene verwurzelt und genieße das sehr. Hätte ich nie gedacht, dass einmal bekannte Autoren zu meinem Freundeskreis zählen würden. Doch es kam so. Und auch meine Mädels bei Instagram machen mir täglich große Freude.

Ein Grund fürs Selfpublishing war die drängende Zeit. Da ich mit Zahlen jongliere, sollte das Buch Ende 2020 erscheinen, damit die Zahlen frisch sind. Ich hatte ja nicht ohne Grund die neuesten Studien ausgewertet. Es nützt mir nichts,wenn mein Buch bei einem Verlag erst einmal zwei Jahre auf Halde liegt, bevor es veröffentlicht werden kann. Dann sind die Zahlen veraltet und ggf. wurde ich zwischenzeitlich von anderen Autoren im selben Themenbereich links überholt.

Natürlich bin ich auch regelmäßig an Verlage herangetreten, die die mir sagten,das Buch müsse unbedingt veröffentlicht werden, waren meist zu klein, ihr Budget zu limitiert, als dass sie hätten mich aufnehmen können. Es muss ja auch alles zusammenpassen Autor-Verlag-Genre-Buch-Chemie.

Dann habe ich irgendwann veröffentlicht und mir gesagt, Hauptsache das Buch ist es jetzt erst einmal draußen und die Rückmeldungen der Leser haben mir gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war.

Das Buchmarketing bereitet mir auch keine Probleme, da ich ja jahrzehntelang im Marketing und Vertrieb in technischen Branchen unterwegs war und sehr hartnäckig sein kann. Was mir nicht liegt, was manche Autoren betreiben, ist tägliches stupides Wiederholen des ewig selben Marketing-Beitrags nach dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Das interessiert keinen Menschen. Ich kaufe kein Buch, weil ich jeden Tag dasselbe Cover sehe. Ein Autor sollte täglich Geschichten erzählen. Ich bin aber ziemlich kreativ und furchtlos, mir fällt jeden Tag etwas Neues ein, wie mein Buch auf sich aufmerksam machen kann. Doch nun muss ich mich erst mal um sein Geschwisterchen kümmern. Band II.

Danke für das Interview.

Liebes Alpinger-Team, ich habe zu danken, auch für die Organisation der Messe und meine Teilnahme. Ich wünsche uns allen viel Erfolg!

Herzliche Grüße Resi Lienz, August 2021.

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„Talk am Sonntag: Zwei Autoren im Gespräch!“

 

TALK AM SONNTAG: Zwei Autoren im Gespräch!”

Der Autor Stefan WICHMANN befragt in einem Interview dieAutorin Resi LIENZ

Frau Lienz, Sie haben doch einen Beruf, warum studieren Sie denn jetzt noch einmal?

Ich lebe zwei meiner Träume, neben dem Bücherschreiben studiere ich auch wahnsinnig gern. Ich bin sehr neugierig, wissbegierig und für mich zählt das Motto “Lebenslanges Lernen”. Was ich nicht weiß,möchte ich herausfinden. Ich bin ein großer Sprachenfetischist, eine Freundin der Sprache an sich und auch der Fremdsprachen. Bislang habe ich mich mit fünf Fremdsprachen befasst.Wie andere Leute z.B. Briefmarken sammeln, kollektioniere ich Worte, spiele mit ihnen, erfreue mich an dem Jonglieren mit ihren metaphorischen Konnotationen. Ich brenne für die Etymologie, der Wissenschaft von der Herkunft, der Bedeutung und der Geschichte der Worte. Zwischen meinen beiden Studien liegt eine “Schaffens-Phase” von drei Jahrzehnten, in denen ich in ganz unterschiedlichen Branchen im In- und Ausland tätig war. Ich habe im jugendlichen Alter von 55 Jahren wieder angefangen zu studieren. Wenn nicht jetzt, wann dann?! Jahrzehntelang unterrichtete ich Fremdsprachen und Deutsch. Es war für mich eine Freude und auch eine Ehre, unter vielen Bewerbern für einen völlig neuen Studiengang 2019 mit limitierten Studienplätzen aufgrund meiner Vita ausgewählt und zugelassen worden zu sein. Mein Traum ist es, in die Sprachforschung zu gehen. Das Studium ist eine große Bereicherung und erfüllt mich, inhaltlich, aber auch menschlich. Der Weg ist das Ziel. Ich genieße ihn.

Das Cover gab mir zu denken. Wie entstand dieses und was war der tatsächliche Grund für die Grafik?

Es war nicht das erste Cover. Es gab einige Entwürfe. Zuerst hatte ich eine Zeichnung meiner Tochter eines Mädchens vorgesehen, um einen bildlichen Bezug zu einer der beiden Protagonistinnen herzustellen und zu jugendlichen Mädchen im allgemeinen. Doch auf Dauer erschien mir das Cover zu “kinderbuchhaft” und spiegelte nicht wirklich den Inhalt meines Buches wieder. LeserInnen lassen sich oft vom Cover und von dem Klappentext eines Buches zum Kauf “verführen”. Dann wählte ich ein Cover mit Screenshots eines Pädophilen, den ich im Netz undercover überführte. Gottseidank entschied ich mich auch gegen dieses Cover, rechtlich wäre ich mit einem solchen Einband in Schwierigkeiten geraten. Das Cover schockierte zudem bei einer Testumfrage. Ich suchte nach etwas Solidem, einfachem, das dennoch symbolhaft ist und stieß auf ein Tatoo, das mir in den schlichten Farben schwarz-weiß gut gefiel und totzdem symbollastig ist. Es zeigt für mich in der Umarmung die Symbiose zwischen Mutter und Tochter, eine Verbindung, die ein Leben lang bestehen bleibt. Zudem empfinde ich die runden Formen der Zeichnung als weich und auch als ein wenig sinnlich. Dieses Cover kam unter meinen Freunden sehr gut an, also wählte ich es.

Schrieben Sie einfach drauflos oder hatten sie schon immer vor, Ihre Erfahrungen  zu veröffentlichen?

Wie sich das anhört.:) Ich stelle es mir als ein wenig schwierig vor, bei 524 Seiten Buchumfang einfach munter drauf los zu schreiben und irgendwann bei der letzten Seite heil anzukommen. Zunächst einmal muss man sagen, dass ich seit meinem 10. Lebensjahr immer schrieb.« Wer schreibt, der bleibt», sagte meine Mutter immer. Ich trage den Nimbus der ewig Schreibenden, in der Familie, unter Freunden und Bekannten. Es fing mit üblichen Schulaufsätzen in Deutsch an, die immer länger wurden. Ab dem 12. Lebensjahr schrieb ich mehr oder minder durchgängig Tagebuch. In den 90iger Jahren lernte ich eine Freundin kennen in einem Kurs mit dem Titel “Schreiben befreit”, von da an schrieb ich auch Gedichte, für mich selbst.

Ich schrieb Reden für offizielle Anlässe und runde Geburtstage. Ich schrieb unter dem Titel “Das letzte Hemd” zwecks Aufnahme in einer Journalistenschule nach einer umfangreichen Recherche in den 90 iger Jahren über einen Vorreiter in der Bestattungsbranche , einem großen Beerdigungsinstitut.Ich wurde nicht angenommen, der run auf wenige Plätze war zu groß. .Das Aufnahme-Ziel hatte ich nicht erreicht, doch der Weg erfüllte mich: Die Recherche war wahnsinnig spannend. Vor 30 Jahren hatte diesen Beerdigungsinstitut bereits eine Partnerbörse für Hinterbliebene organisiert, von den High-Tech-Särgen, je nach Kulturkreis variierend, ganz abgesehen. Mir wurden Särge gezeigt, die Kanus nachempfunden waren .Ich wurde mit Sachen konfrontriert, die ich mir in meiner Phantasie niemals zuvor hätte ausmalen können und das liegt 30 Jahre zurück! Da waren die Zeiten noch nicht so modern, wie sie heute sind. Das Internet war gerade geboren, noch nicht wirklich allen zugänglich. Ich schrieb Reiseberichte, alles nur privat, nie veröffentlicht. Ich schrieb immer, täglich, ellenlang. Und jetzt halten Sie sich fest: Ich ging jahrzehntelang allein ins Kino, um Filmrezensionen zu schreiben, im Dunkeln. Manchmal hatte ich eine kleine Taschenlampe dabei. Die Aufzeichnungen habe ich heute noch, wie alles Schriftliche. Ich ging allein, damit mir nicht der Stempel der “Merkwürdigen” aufgedrückt wurde. Es gibt nahezu nichts, was ich nicht schreibend aufbereite. Überall in meiner Wohnung finden sich Zettel mit Ideen, Redewendungen und Aphorismen, die mir gefallen und die schlimmste Strafe wäre für mich, auf eine einsame Insel, ohne einen Schreibblock und schreibende Kulis versetzt zu werden. Ich werde schnell nervös, wenn ein Stift nicht mehr schreibt:).Ich hatte nie vor, meine Erfahrungen zu veröffentlichen. Nie! Bis zum Juli 2020 nicht. Der Schriftverkehr mit den Behörden im Kampf um meine Tochter nahm allerdings überhand und ich hatte zwischenzeitlich so viel notiert, auch Tagebuchaufzeichnungen, um alles zu verarbeiten, dass ich es dann mehr oder minder spontan entschied, ein Buch zu schreiben. In der Uni werde ich von den DozentInnen manchmal scherzhaft bei schriftlichen Arbeiten darauf hingewiesen, dass wir keine Dissertation schreiben. Ich weiß, wie sie es meinen, sie kennen mich inzwischen, aber dieser Hinweis spricht bereits Bände.

Sicherten Sie sich Vorkommnisse in einem Tagebuch oder schreiben sie komplett aus ihre Erinnerungen ?

Siehe vorherige Frage. Ich verfüge über ein elefantöses Gedächtnis,vor allem auch, was Zahlen angeht, wahrscheinlich meiner 8jährigen Tätigkeit in einer Buchhaltung geschuldet, aber um ihre Frage zu beantworten: Die Vorkommnisse waren mehrmals gesichert im Schriftverkehr, in Emails, im Tagebuch, in Notizen, in einer umfangreichen Dokumentation für das LKA in Berlin.

Woher beziehen Sie ihre Hintergrundinformationen?

Hier schlägt sich ein wenig der Bogen zu Frage 1. Zudem muss man sagen, dass ich mich in meinem 6. Lebensjahrzehnt befinde und inzwischen auch über eine gewisse Vorbildung verfüge. Ich bin neugierig und wißbegierig. Ich lese ständig und viel und recherchiere, wenn ich etwas nicht weiß, es neue Informationen und Studien gibt. Ich habe mir news-Agenten eingerichtet, die mich 24/7 darauf hinweisen, wenn es für mich etwas Erfahrenswertes gibt, das ich mir unbedingt zu Gemüte führen sollte. Ich lese Fachliteratur und werte auch wissenschaftliche Studien aus, wie z.B. Hurrelmanns Jugendstudien, oder publizierte Universtitätsarbeiten (für Band II z.B. steht eine große an). Inzwischen bin ich mit Fachleuten, wie z.B. der Koryphäe auf seinem Gebiet, dem Cyberkriminologen Dr. Rüdiger, aber auch anderen, derartig vernetzt, dass in gewissen Themenbereichen überhaupt nichts mehr an mir unbeachtet vorbeigehen kann.

Was führte eigentlich zum Geleitwort von Dr. Dr. h.c.Klaus Hurrelmann. Professor of Public Health and Education?Lustige Frage. Aber durchaus berechtigt. Im Sommer 2020 nahm ich Kontakt zu ihm auf, ich hatte irgendwelche Fragen zu seinen Studien und teilte ihm mit,dass ich ein Buch schrieb. Daraufhin standen wir in regelmäßigem Kontakt. Die Idee stammt von meinem Vater:« Frag ihn doch mal, ob er ein Vorwort oder ähnliches zu Deinem Buch schreibt!» Das habe ich dann auch getan und er war sofort dazu bereit. Ein netter Mann. Auch ein Motto von mir: Trial und error. Ich versuche alles, ehe ich mich hinterher ärgere, dass ich es gar nicht erst probiert habe.

Konnten Sie und ihre Tochter nach Durchstehen der Pubertätsphase wieder einen guten Kontakt aufbauen? 
Phasenweise hatten wir Kontakt. Doch wir stecken mittendrin in der Krise. Das wird noch einige Jahre dauern. Seit Ende Februar herrscht, abgesehen von sporadischen WhatsApp-Nachrichten, Funkstille. Das ist derzeit sehr gut so. Diese Ruhe ist für mich persönlich momentan überaus wichtig. Ich habe mich in den letzten drei Jahren mit meiner Tochter über Gebühr verausgabt und völlig aufgerieben und muss jetzt zur Abwechsung wieder auf mich achten. Das gibt meiner Tochter auch die Zeit und die Gelegenheit, nachzureifen. Es ist auf allen Seiten noch einiges aufzuarbeiten. Es braucht auch manchmal Entfremdung, um sich irgendwann wieder neu annähern zu können, wenn man das dann will. Abstand kann der eigenen Gesundheit sehr förderlich sein. Dazu möchte ich mich an dieser Stelle aber nicht weiter äußern, mehr dazu in Band II, der voraussichtlich Ende 2021 erscheint. Es sei nur so viel verraten, dass es in Band II auch zu einem Perspektivenwechsel kommen wird und nun auch einmal die andere Seite des Konfliktes beleuchtet wird, die Mutter, und dazu wird es wieder einige spannende Themen geben, die sachlich aufbereitet werden.

Was empfehlen sie Eltern in der digitalen Zeit?
Herje. Die grundsätzlichen Empfehlungen spreche ich in meinem Buch aus. Meiner Ansicht nach wird derzeit, seit dem Jahr 2020, das hätte viel, viel früher passieren müssen!!, auch viel zu viel von viel zu vielen Initiatoren empfohlen. Es herrscht ein regelrechter Cybergrooming-Posting-Wahn in den sozialen Medien. Das muss besser gebündelt und zentralisiert werden. Viele Köche verderben den Brei. Es herrscht derzeit ein digitaler Overload bei diesem Thema und vor allem täglich, was zur Überforderung von Erziehungsverantwortlichen führt und den globalen Überblick für Betroffene erschwert. Mein Lieblingsmensch in dieser Sache ist Dr. Rüdiger.

Wie könnte ihrer Ansicht nach »digitales Leben« mit »Corona-Leben« in Einklang gebracht werden?
Auch eine diffizile Frage. Die mittlerweile 13monatige Pandemie schafft uns alle in jeder Hinsicht. Ich möchte zunächst einmal dazu raten, in Corona-Zeiten locker zu lassen, nicht was mediale, gefährliche Inhalte betrifft, sondern hinsichtlich der Medienzeiten. Jugendliche waren vor Corona schon 4-6 Stunden täglich im Netz, aktuell werden es locker auch einmal 12 Stunden per day. Das Homeschooling kommt dazu und wir sind alle mehr online, manchmal bleibt einem gar nichts anderes mehr übrig, wenn es 7 Tage hintereinander draußen schüttet und nichts anderes geht. Die Jugendlichen brauchen das Netz, um wenigstens digital Kontakt zu Freuden zu halten, Netflix zu schauen und auch mal ihre Baustellen irgendwie zu bearbeiten. Ich merke das auch an mir selbst. Zur Zeit zählen andere Dinge, dass man versucht, sich aufgrund des ewigen Zusammenseins in der Famlie nicht so sehr auf die Nerven zu gehen, damit die Pubertät nicht an anderer Stelle völlig aus dem Ruder läuft. Ich hoffe, dass es bald wieder Präsenz geben wird, in den Schulen, und dass wir den 11,5 Millionen Kindern und Jugendlichen ihr Leben zurückgeben können und dafür wäre ich auch bereit, auf die Straße zu gehen. Wir Erwachsene haben unser Leben gelebt, in allen Phasen. Die Babyboomer und andere Generationen haben “regelrecht auf die Kacke gehauen”, etwas was wir unseren Kindern und Jugendlichen seit 13 Monaten verwehren.

Sie werden schon nicht mehr die unbeschwerte Jugend haben, wie wir sie noch kannten und nun halten wir sie auch noch “gefangen”. Die Kinder und Jugendlichen sind dabei so still. Begehren gegen den aktuellen Status quo überhaupt nicht auf. Das macht besorgt und bedrückt. Natürlich soll möglichst niemand an dem Virus sterben oder erkranken, aber die psychischen Schäden, die wir derzeit massenhaft produzieren, und niemand weiß, ob sie je wieder reparabel sein werden, sind kaum zu ertragen. War vor 2020 jeder 5. Jugendliche psychisch auffällig, so ist es inzwischen jeder Dritte. Die Teilnehmer der Generation Z, die jetzt zB. 16 Jahre alt sind, können von ihren neuen Freiheiten überhaupt keinen Gebrauch machen. Was nützt ihnen die gesetzliche Ausgehmöglichkeit bis Mitternacht,wenn um 20 Uhr Ausgehsperre herrscht und sich sowieso alle Kneipen und Diskotheken im Shutdown befinden?!

Was könnte Jugendlichen und Eltern helfen, sich vor unliebsamen Social-Media-Gefahren zu wappnen?
Um das Interview nicht zur sehr in die Länge zu ziehen, möchte ich auch hier auf meine Bücher Band I und Band II und einschlägige Internet-Seiten verweisen, wie z.B. die Initiative Schau-hin.

Aus Datenschutzgründen ist es extrem schwer Adressen von Kontaktpersonen aus der digitalen Welt der Kinder in Erfahrung zu bringen. Verraten sie eine neue Idee, wie Eltern selbst Jugendliche schützen können?

In dem sie sich bis zu einem bestimmten Alter (vor allem im Alter von 9-15 Jahren und auch bei Jungen, aber ganz besonders bei Mädchen), die Kontakte ihrer Kinder ohne Scheu und schlechtes Gewissen im Rahmen ihrer Erziehungsverantwortung regelmäßig zeigen und erläutern lassen, wer wer ist, und ob es sich um bekannte Personen handelt. Unbekannte Chatpartner werden gelöscht. Im Dialog bleiben. Hinschauen. Aber auch prüfen, ob mit meinem Kind generell alles in Ordnung ist, ob es nicht auch noch unter anderen Dingen leidet wie z.B. (Cyber)Mobbing, Depression, gestörtes Körpergefühl usw.. In Einzelfällen rate ich auch nach Ankündigung und Besprechung mit dem Kind/Jugendlichen zu einer Überwachungssoftware.

Planen sie Lesungen / Onlinelesungen ?
Ja. Termine finden sich auf meiner Homepage. https://resilienz.site

Wann kommt der nächste Teil?

Geplant ist es wie letztes Jahr, kurz vor Weihnachten. Da ich außer dem Schreiben noch zwei weitere Leben führe, muss ich mich gut organisieren. Doch inzwischen bin ich erfahren und Schreiben ist für mich keine Strafe, sondern der Höhepunkt eines Tages, die Belohnung für alles, was ich sonst noch bewerkstelligt habe, insofern muss ich mich weder zwingen noch habe ich irgendeine Schreibblockade, ganz im Gegenteil!:) Ich befinde mich im ständigen “Flow”

Und wovon handelt dieser?

Neugierig?! Zumindest habe ich mir das Ziel gesetzt, dass Band II die 350 Seiten nicht überschreiten sollte, obwohl mir das zugegebenermaßen ob all der Informationen bisweilen schwer fällt. Er wird mehr oder minder aus 4 Teilen bestehen: In Teil 1-3 geht es darum, was nach der Veröffentlichung von Band 1 passierte, also Themen wie die Fortführung des Generationenbegriffs, “Die Menschen dahinter” (Protagonisten/LeserInnen), das Marketing bis zu haarsträubenden Erlebnissen mit der Presse z.B., das Thema des Pseudonyms, thematischen Initiativen wie die Elternhotline in Berlin usw. In Kapitel 4 geht es um Themen, die Eltern derzeit umtreiben (Gleichgültigkeit von Jugendlichen, Cybergrooming, Tik Tok, Homeschooling, Online Challenges, Depression, Deathwish) In Kap. 4 geht es um die Mutter, Epigenetik und das Besprechen psychischer Störungen, Kontaktabbruch usw.)

In Kap. 5,7,8,9 geht es diesmal quartalsweise um die Fortführung der Mutter-Tochter-Geschichte, wie geht es weiter, was ist passiert und dabei werden gewisse Stolpersteine mit in den Blick genommen, wie z.B. die Schule, die Berufswahl, FakeNews. Ich habe bislang 325 Seiten geschrieben, aber nageln Sie mich jetzt bloß nicht auf die einzelnen Inhalte und Seitenzahlen fest!:) Ich habe noch eine 200seitige Studie auszuwerten und auch so noch einige Ideen und ich muss an einigen Stellen noch mächtig kürzen, damit es nicht wieder ein Buch von 820 Gramm Lebendgewicht wird, überarbeiten und aktualisieren.

Erlauben Sie mir noch einen Hinweis in eigner Sache:

Seit dem 17. März ruht mein Amazon-Buch-Shop, weil ich noch auf Steuerdokumente warte. Das ist besonders ärgerlich, weil am 14. März eine Buchbesprechung in der Presse erschien und die LeserInnen gerade im Bestellrun waren. Das Buch kann nach wie vor über die Homepage bezogen werden, jederzeit lieferbar!!Hinsichtlich Amazon bitte ich einfach noch um etwas Geduld.

Vielen Dank für dieses Gespräch! Es war mir eine große Freude! Einen schönen Sonntag für alle.

Resi Lienz, 11. April 2021